21.11.2004 (Jahr des Affen)
Hong Kong Island
Ich habe einen kleinen Jungen von der Straße aufgelesen.
Selbst, geschrieben klingt dieser Satz seltsam, doch er entspricht der Wahrheit.
War es Mitleid? Oder Nächstenliebe?...Ich kann es nicht sagen.
Aber dieser Jung hat irgendetwas Besonderes an sich. Ich war auf dem Weg zum Hong Kong Tower, als ich ihn aus meinem Auto heraus sah. Er ging die Straße entlang, war barfuss, und trug zerschlissene Kleider. Sein Haar war strubbelig und er hatte Dreck im Gesicht, und doch tat das seiner niedlichen Gestalt keinen Abbruch. Ich weiß meinen Fahrer an, er solle halten und nahm meine Sonnebrille ab, während ich das Fenster herunterfahren ließ. Ich rief nach ihm
„Hey kleiner, wie heißt du?“ fragte ich ihn, und er hatte sich zu mir umgedreht, und war schüchtern zum Auto gekommen.
„Tao..“ hatte er erwidert und mich mit großen treuen Augen angeschaut.
Dann war er auf einmal gar nicht mehr schüchtern.
„Hast du ein Zu Hause, Tao?“
Daraufhin schüttelte er nur den Kopf, und es versetzte mir aus irgendeinem unerklärlichen Grund einen Stich ins Herz.
„Willst du ein Zu Hause?“ fragte ich und er nickte begeistert.
„Dann steig ein.“ Das mag für Außen stehende sehr seltsam gewirkt haben, da man ja allen Kindern eintrichterte sie sollten nicht zu Fremden Leuten ins Auto steigen, und vor allem nicht in einem Hexenkessel wie Hong Kong.
Doch wir beide fühlten, dass es gut war, und ein einziger Blick hatte gereicht, dass er mir glaubte, dass ich ihm nichts tat. Und genau das schwor ich mir in diesem Augenblick, so wie ich auch nie zulassen würde, dass ihm etwas geschah.
Und schon lief er um das Auto herum, und stieg ein, mit mir auf der Rücksitzbank saß er nun.
„Ich bin Li.“ Sagte ich wieder mit einem ehrlichen Lächeln.
Ich will diesem Jungen eine Zukunft geben...eine lichtere als sie ihm bevorgestanden hätte wäre er auf der Strasse geblieben.
Li